Um es vorweg zu nehmen: gesicherte mündliche oder schriftliche Belege über das Bestehen eines Schützenvereins in unserer Gemeinde vor dem Jahre 1904 sind bis dato nicht vorhanden. Es wird daher im weiteren Verlauf auch nicht krampfhaft versucht, etwas zu konstruieren.
Darüber hinaus fehlen bisher Aufzeichnungen, Berichte oder ähnliches für den Zeitraum 1904 bis zum Jahre 1920.
Dass das Schießwesen in Weißensberg im allgemeinen aber wesentlich älter ist als der Schützenverein selbst, können wir zwei Abhandlungen entnehmen: Einmal „Über das Schießwesen in Lindau und Umgebung“ des Freiherrn Max Lochner von Hüttenbach, und zum anderen „Unsere Bayerische Bürgerwehr“, erzählt von Eugen Schanzenmüller.
Die Städte verlangten früher von ihren Bürgern und Bauern „sich im Schießen zu üben“, um ihre Stadt im Ernstfall verteidigen zu können. Weißensberg gehörte bis zur Säkularisation zum Niedergericht Lindau, so dass diese Anordnungen auch in Weißensberg zu befolgen sind.
Am 26. April 1682 erscheint ein Ratsdekret, das auf ein bereits 1551 erlassenes hinweist, dass jeder Bürger und Bauer „des Jahres wenigstens 4mal zu schießen habe. Wer kein schweres oder gezogenes Rohr vermag, soll mit glattem schießen. Die Rohre dürfen nicht verkauft werden.“ Wie ernst dem Rat die Befolgung diese Dekrets ist, zeigt die Strafe von einem Gulden, die diejenigen, die dem Schießen fernblieben -genannt Emanenten- zu bezahlen haben. Da dies nichts fruchtet, lässt der Rat den Gulden „executive“, mit Zuzug eines Soldaten, einziehen. Dieser hat solange zu bleiben, bis der Gulden bezahlt ist. Die Gebühr für den Soldaten beträgt drei Kronen pro Stunde zusätzlich.
Über das Schießen der Bauern entnehmen wir, dass 1685 u.a. in Oberreitnau 2mal, in Wildberg 4mal geschossen wird und als erster Preis zwei Gulden ausgesteckt sind. Ähnlich ist es in den Jahren 1686 bis 1689.
1701 wird in Oberreitnau und Sauters sowie Sigmarszell 2mal geschossen. Das ganze schläft dann bis zum großen Jubiläumsschießen im Jahre 1748 ein.
Weiters erfahren wir, dass in der Hauptmannschaft „zum Röhlings“ 186 Schützen geschossen haben. Zuvor ist ein Schießen zu Eschach, wo insgesamt 286 Schützen aus allen Hauptmannschaften geschossen haben.
Weißensberg ist zu dieser Zeit in zwei Hauptmannschaften aufgeteilt:
Hauptmannschaft Sauters:
Rehlings, Grübels, Metzlers und Loch, sowie Sauters, Höhenreute, Sulzenmoos, Waltersberg, Greit, Oberrengersweiler, Gitzenweiler und Hugelitz
Hauptmannschaft Schwatzen:
Schwatzen, Wildberg, Eggenwatt, Lampertsweiler und Weißensberg
Im Stadtmuseum Lindau (B) -Kartensammlung- befindet sich je eine Karte dieser beiden Hauptmannschaften. Die Karte stammt aus dem Jahre 1700.
Inwieweit aus diesen Hauptmannschaften in den Jahren nach der Gründung der politischen Gemeinde Weißensberg im Jahre 1818 ein Schützenverein hervorgegangen ist, wird noch erforscht.
Dies gilt ebenso für die ehemalige 4. Kompanie Schwatzen des 26. Landwehrbataillon -genannt Oberreitnau- von der im Jahre 1816 u.a. berichtet wird, dass sie „aufgrund mangelnder Schießergebnisse jeden Sonntag zu üben hat“ und nicht jeden zweiten wie die übrigen 4 Kompanien.
In den Jahren 1874 und 1878 verkauft das Heilig Geist Spital Grundstücke zur Errichtung eines Militärschießplatzes in Sauters an das königliche Militär Ärar.
Nach vorliegenden Quittungen und Rechnungen der Kirchenverwaltung St. Markus Weißensberg kann das regelmäßige Böllerschießen z.B. an Fronleichnam ab dem Jahre 1883 bis heute lückenlos nachgewiesen werden.
Ebenso z.B. das Salutschießen am Geburtstag des Prinzregenten im Jahre 1891. Als Schützen werden genannt Pfleger Wilhelm, Kirchenverwaltung St. Markus, und z.B. in den Jahren 1896 bis 1902 Gebhard Gihr, Gemeindeschütze.
Inwieweit es sich bei den Schützen um Mitglieder eines hiesigen Schützenvereins handelt, wissen wir allerdings nicht. Einen ersten schriftlichen Hinweis über das Bestehen eines Schützenvereins in Weißensberg entnehmen wir dem Versammlungsprotokoll vom 20. Dezember 1952.
Dort wird der Vorstand, Herr Anton Greising, zum Ehrenschützenmeister ernannt, „da er schon 48 Jahre in führender Stellung im Verein tätig war“.
Weitere Dokumente oder Hinweise sind nicht vorhanden, so dass -bis zu einem anderen Kenntnisstand- als Gründungsjahr des Schützenvereins Weißensberg das Jahr 1904 anzunehmen ist. Zumindest kann von einem Bestehen eines Schützenvereins ab diesem Zeitpunkt ausgegangen werden.
Berichte von Aktivitäten fehlen aber bis zu ersten schriftlichen Nachweisen im Mitgliederverzeichnis der Jahre 1937 und 1938.
Nach diesem Verzeichnis treten am 04. November 1920, die nachstehend genannten 10 Männer in die „Zimmerstutzen Gesellschaft Weißensberg“ ein: Albin Flax, Anton und Jakob Greising, August „Opa“ Gut, Jakob und Roman Huber, Georg, Jakob und Reinhard Meßmer, Hans Temtich.
Eine Wiederbelebung nach dem ersten Weltkrieg?
Am 06. Januar 1921 tritt als ältestes Mitglied der damals 51jährige Georg Planitz dem Verein bei.
Von diesem Zeitpunkt bis zum ersten Kassenbucheintrag am 19. Dezember 1937, als eine Barschaft in Höhe von 14.28 Mark übernommen wird, fehlen jegliche schriftliche Aufzeichnungen bzw. Unterlagen.
Aus Gesprächen mit Zeitzeugen wissen wir aber, dass es sich um eine rege Gruppe gehandelt haben muss.
Drei Zimmerstutzen werden angeschafft. Geschossen wird u.a. im Gasthaus Traube in Weißensberg und im Gartenhaus bei Ambros Steur in Grübels.
In Grübels zum Beispiel werden die Schützen jedes Mal angehalten, ja aufzupassen, da die Kugeln beim Fehlen der Scheibe auf das Dach der Familie Göhl in Rothkreuz fallen.
Auch Musiker geraten in Weißensberg, wenn im Gasthaus Traube geschossen wird, bisweilen unter Beschuss; wenn, wie erzählt wird, der Bass eines Musikers, der auf dem Weg zu einem Auftritt in Schlachters ist, anstelle der anvisierten Scheibe zielsicher getroffen wird. Auf die Reaktion des Musikers wollen wir hier besser verzichten.
Spätestens ab dem Ostermontag 1933 dürften aber sowohl unsere Musiker als auch das Dach der Familie Göhl vor den Schützen sicher gewesen sein.
Denn die Weissensberger Schützen erzielen beim Osterschießen des Schützenvereins Lindau-Reutin-Streitelsfingen im Jahre 1933 sehr gute Ergebnisse. So berichtet die Bayerische Schützenverbands-Zeitung am 13. Mai 1933 über den fünften Platz von Georg Planitz, den neunten Platz von Paul Gsell und den 12 Platz von August „Opa“ Gut.
Die Preisverteilung nimmt der erste Gauschützenmeister des im gleichen Jahr auf der „Scheibe“ in Schlachters gegründeten „Schützengau 139 Bodensee“, Emil Schmitz aus Schlachters, vor.
Dieser Schützengau nennt sich seit 1952 Gau Westallgäu.
1. Schützenmeister im Jahre 1933 ist August „Opa“ Gut, Kassier Reinhard Messmer und Schriftführer Anton Greising.
Dass der Schützenverein und seine Mitglieder nicht nur im Schießen aktiv sind, lesen wir in einem Bericht des Lindauer Tagblatt vom 31. Mai 1932. Anlässlich des Bezirktages des Bayerischen Kriegerbundes tritt der Verein Weißensberg dieser Vereinigung wieder bei.
Stark gefördert wird die Gründung von Jugendgruppen und der Kleinkaliber-Abteilung.
Eine rege Schießtätigkeit finden wir in den Aufzeichnungen der Jahre 1937 bis April 1945.
Schützenkönig im Jahre 1938 ist Otto Rapp. Als Preis erhält er einen Lorbeerkranz.
Die Schützengesellschaft ist auf nunmehr 52 Mitglieder angewachsen.
Zeitzeugen nennen als beste Schützen in dieser Zeit: Josef Breimeir, Otto Rapp und Hans Schobert.
Schießlokale in dieser Zeit sind: |
|
Folgende Schießen werden ausgetragen: |
|
Das Lindauer Tagblatt des Jahres 1943 berichtet über die Mitgliederversammlung des Schützenvereins:
„...stellte der Vereinsführer des Weißensberger Schützenvereins, Anton Greising, den
doch noch sehr beträchtlichen Schießbetrieb im abgelaufenen Kriegsjahr in einer
Rückschau vor. Es gab trotz der Kriegsverhältnisse ein Pokalschießen, Wettkampf
mit Wehrmannstutzen, ein Zimmerstutzenschießen und das obligate WHW-Schießen,
wobei diesem Hilfswerk 30 Mark zugewiesen wurden. Greising lobte den Kassenführer,
Schriftführer und den Schießwart für ihre Arbeit“.
Die Vorstandschaft bei dieser Mitgliederversammlung setzt sich wie folgt zusammen:
1. Vereinsführer | Anton Greising |
2. Vereinsführer | Albin Flax |
Schützenmeister | Josef Breimeir |
1. Kassier | Alfred Roth |
2. Kassier | Otto Rapp |
1. Schriftwart | Gottfried Kempter |
2. Schriftwart | Hans Schobert |
Materialwart | Hans Guggemos |
Dietwart | Max Vogler |
Ältestenwart |
August „Opa“ Gut |
Kassenprüfer | Josef Ochsenreiter Hans Weishaupt |
Der letzte Eintrag im Kassenbuch vom 22. Oktober 1945, von Anton Greising als Vereinsführer unterschrieben, lautet:
„der Kassenbestand von 11.68 RM ist bei der D.K.W. angelegt, laut Beleg Nr. 14. Das Vermögen des Vereins in bar ist angelegt bei der D.K.W mit 235.06 RM“.
Die Anzahl der Mitglieder beträgt 68 Personen.
Vom 23. Oktober 1945 bis zum 10. Mai 1952 liegen keine schriftlichen Berichte über Vereinsaktivitäten vor. Laut Zeitzeugen ruhen in dieser Zeit sämtliche Schieß- und Vereinsaktivitäten.
Nach sieben jähriger Unterbrechung hält der Schützenverein Weißensberg am 10. Mai 1952 im Gasthaus Bayer. Höfle in Rehlings eine erste Zusammenkunft zur Wiederbelebung des Schützenwesens ab.
Am Ende wählen die 37 erschienenen Schützen folgenden neuen Vorstand:
Vorstand | Anton Greising |
1. Schützenmeister | Josef Breimer |
2. Schützenmeister | Karl Spähn |
Kassier | Ambros Steur |
Schriftführer | Erwin Eggert |
Beisitzer | Manfred Egle Xaver Lanz |
Materialwart | Josef Birk |
Ältestenrat | Anton Greising August „Opa“ Gut |
Kassenprüfer | Erwin Lanz Gebhard Vogler |
Beschlossen wird die Anschaffung von zwei Luftgewehren, die mit den anfallenden Beiträgen bestritten werden sollen. Die Vereinsbeiträge werden auf DM 5.-- für Erwachsene und auf DM 2.50 für Jugendliche festgelegt.
Zur Errichtung des Standes erklären sich einige Kameraden bereit.
Das Eröffnungsschießen findet am 29. Juni 1952 im Bayer. Höfle in Rehlings statt.
Der Mitgliederstand beträgt 48 Schützen.
Am 20. Dezember 1952 findet im Bayer. Höfle in Rehlings die jährliche Generalversammlung statt. 17 Kameraden sind anwesend. Die Versammlung ehrt den Vorstand Anton Greising für „48 Jahre Tätigkeit in führender Stellung im Verein“ und ernennt ihn zum Ehrenschützenmeister.
Zum neuen 1. Schützenmeister wählt die Versammlung Josef Fechtig, zum neuen Kassier Gebhard Eggert und zum dritten Ältestenrat Jakob Huber. Alle übrigen Ämter und Personen werden bestätigt.
11 Übungsschießen und ein Preisschießen werden 1952 durchgeführt. Die Vereinsbeiträge bleiben unverändert.
Im Jahre 1953 werden ein Schützenball und ein Osterschießen veranstaltet. Über eine Mitgliederversammlung wird nicht berichtet.
Am 10. Oktober 1953 findet ab 20:00 Uhr im Gasthaus Bayer. Höfle in Rehlings ein Preisschießen statt. „Geschossen wird auf 30 mm Verbandsscheibe. Zur Geltung kommen nur Treffer. Die Preisverteilung ist im Anschluss an das Schießen, wobei 80% der Einzahlungsbeträge für Preise verwendet werden“.
Im Jahre 1954 wird am 30. Januar wiederum ein Schützenball veranstaltet, der Einnahmen in Höhe von DM 159.-- erbringt. Die Ausgaben betragen DM 127.--.
Mit dem 22. März 1954 enden die Aufzeichnungen im Kassenbuch. Es wird ein Guthaben in Höhe von DM 113.44 ausgewiesen. Unbekannt ist bis heute wo dieses Guthaben und die beiden Luftgewehre abgeblieben sind.
Letztes Schriftstück dieser Vereinsära ist eine Einladung zur Generalversammlung am 24. März 1954 um 20:00 Uhr im Gasthaus Schanz, Rothkreuz. Ein Protokoll zu dieser Versammlung liegt aber nicht vor.
Bis zu seiner Wiedergründung im Jahre 1981 treten viele Weißensberger Schützen dem im Jahre 1953 wiedergegründeten Schützenverein Sigmarszell und/oder der Kgl. Priv. Schützengesellschaft Lindau (B) bei.
Unter ihnen zum Beispiel: Manfred Egle, Günther Zwisler, der spätere Bürgermeister, Albert Zwisler, Christoph Ganal und Hans Guggemos, der wohl beste Schütze in Sigmarszell und laut Hans Kern, dem langjährigen Schützenmeister in Sigmarszell, ein wahrer Glücksgriff für seinen Verein.
Hans Guggemos wird wiederholt Gauschützenmeister und Vereinsmeister, um nur einige seiner Erfolge zu erwähnen.
Verfasser der Chronik:
Severin Birk
(ehemaliger Ortsheimatpfleger der Gemeinde Weißensberg)